Die deutsche Wiedervereinigung ist mittlerweile schon dreißig Jahre alt, doch die Länge der Zeit soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Problematik, die mit fortbestehenden Grundstücksnutzungsverträgen aus DDR-Zeiten einhergeht, auch Geschichte ist. Das Gegenteil ist der Fall: So gibt es derzeit beispielsweise noch eine Vielzahl von Verträgen über Erholungsgrundstücke, die bereits in der DDR geschlossen wurden und daher dem Geltungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unterfallen bzw. danach abzuwickeln sind.
In diesem Zusammenhang kursieren unter Betroffenen viele Fehlvorstellungen, die mir in meiner Praxis immer wieder begegnen und daher entsprechender Erwähnung und Aufklärung bedürfen.
Inhalt
Die häufigsten Irrtümer im Zusammenhang mit dem SchuldRAnpG sind folgende:
Dies ist der wohl am weitesten verbreitete Irrtum zu den Regelungen des SchuldRAnpG und schlicht falsch. Solange der aus DDR-Zeiten stammende Vertrag nicht von der einen oder der anderen Seite (Nutzer oder Grundstückseigentümer) gekündigt oder von beiden Beteiligten einvernehmlich aufgehoben wird, besteht er unbegrenzt und endet nicht automatisch.
Anderes kann sich nur aus dem Inhalt des Vertrages ergeben, wobei anzumerken ist, dass aus DDR-Zeiten stammende Musterklauseln (z.B. "Lebenszeitklauseln") durch das SchuldRAnpG in BGB-Recht übergeleitet werden und daher höchstwahrscheinlich keine Geltung mehr beanspruchen. Im Zweifel sollte aber stets eine anwaltliche Einzelfallprüfung erfolgen.
Auch dies ist nicht korrekt. Erst wenn der DDR-Vertrag, der nach dem SchuldRAnpG zu beurteilen ist, gekündigt wird bzw. endet (z.B. durch Vertragsaufhebung), fällt das Eigentum an rechtmäßig errichteten Baulichkeiten mit dem Ende der Kündigungsfrist nach § 11 Abs. 1 S. 1 SchuldRAnpG dem Grundstückseigentümer zu.
Solange der Vertrag jedoch ungekündigt fortbesteht, existiert auch das zu DDR-Zeiten begründete Sondereigentum an den Baulichkeiten weiter. Anderes gilt wiederum nur dann, wenn sich dies aus entsprechenden Klauseln des Vertrages ergibt und diese Klauseln nach entsprechender Auslegung auch heute noch Geltung beanspruchen (siehe Punkt 1).
Dies wird in der Praxis von Nutzern oft so gehandhabt, ist aber aus juristischer Sicht bedenklich bis unmöglich. Hauptgrund dafür: Selbst wenn zugunsten des (Alt-)Nutzers Sondereigentum an einer aufstehenden Baulichkeit bestehen sollte, so steht dieses Eigentum nichtsdestotrotz auf fremdem Grund, nämlich dem fremden Grundstück. Allein aus diesem Grund wäre also der Grundstückseigentümer zwingend zu beteiligen, wenn ein Verkauf stattfinden soll.
Ferner ist das Sondereigentum an den Fortbestand des Altvertrages geknüpft. Das heißt, wird ein neuer Vertrag nach BGB-Recht zwischen dem Grundstückseigentümer und einem Nachpächter geschlossen, ergibt sich eine völlig neue Konstellation, da der Altpächter mit dem Ende des Altvertrages gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SchuldRAnpG kein Eigentümer der Baulichkeit mehr ist und allein aus diesem Grund keine „Verkaufskompetenz“ mehr hat. Anwaltliche Beratung zur Auflösung der Situation ist also unerlässlich.
Hier muss man zunächst vorwegnehmen, dass es nach dem SchuldRAnpG zwei separate Entschädigungslinien gibt, und zwar die Zeitwertentschädigung und die Entschädigung wegen Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks durch die aufstehende Baulichkeit, die dem Nutzer zuzuordnen ist.
Die Zeitwertentschädigung beansprucht noch Geltung, wenn der Grundstückseigentümer den DDR-Altvertrag bis zum 03.10.2022 kündigt. Spätestens ab dem 01.01.2023 bleibt aber, egal wer den Vertrag kündigt (der Nutzer selbst oder der Grundstückseigentümer), nur noch die Entschädigung wegen Erhöhung des Verkehrswertes übrig. Eine Zeitwertentschädigung im Falle der Kündigung durch den Grundstückseigentümer gibt es dann nicht mehr.
Das heißt aber nicht, dass generell kein Entschädigungsanspruch mehr besteht, denn die Entschädigung wegen Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen trotzdem noch beansprucht werden.
Sie wird aber nur dann relevant werden, wenn die jeweilige Baulichkeit auf einer Fläche aufsteht, die heute nicht mehr bebaut werden darf, also z.B. baurechtlich gesehen im Außenbereich liegt (§ 35 BauGB). Im Zweifel sollte zu diesem Punkt eine ausführliche anwaltliche Beratung und Begleitung erfolgen, um den Einzelfall adäquat einzuschätzen.
Auch das ist grundverkehrt und eine beliebte Fehlvorstellung sowohl von Nutzern als auch von Grundstückseigentümern. Fakt ist: Besteht ein Altvertrag, hat dieser Bestand, solange er nicht aufgehoben oder gekündigt wird, so dass aus juristischer Sicht grundsätzlich kein Bedürfnis zum Abschluss eines neuen Vertrages nach BGB-Recht besteht.
Dies kann sich zwar im Einzelfall nach dem Einzelsachverhalt als sinnvoll erweisen (auch hier kann ein Anwalt bei der Einschätzung helfen), jedoch nicht grundsätzlich automatisch für jeden Altvertrag. Falsch ist also in jedem Fall, dass DDR-Altverträge nach dem 03.10.2022 automatisch nichts mehr "wert sind" bzw. nichts mehr gelten.
Diese Auffassung ist nicht korrekt und ignoriert die Regeln des deutschen Erbrechts. Grundsätzlich enden Verträge nicht mit dem Tod des Nutzers, sondern der Vertrag geht auf den Erben über, mit dem er dann fortgeführt wird. Sind mehrere Erben vorhanden, bilden diese eine Erbengemeinschaft, bei der alle Erben zusammen die Vertragspartners des Grundstückseigentümers werden.
Anderes kann sich nur aus dem Vertrag selbst bzw. Klauseln ergeben, die - abweichend von den Regeln des SchuldRAnpG - ausnahmsweise fortgelten. Allgemein gesagt beanspruchen DDR-Musterklauseln heute keine Gültigkeit mehr (siehe oben), aber bevor man für den Einzelfall eine entsprechend rechtssichere Aussage machen kann, ist stets eine genaue Prüfung der jeweiligen Sachlage nötig. Dies ist insbesondere bei Verträgen relevant, die auf Lebenszeit des Nutzers abgeschlossen wurden.
Auch hier gibt es keinen Automatismus. Richtig ist, dass der Grundstückseigentümer bei Beendigung eines DDR-Altvertrages ab dem 01.01.2023 verlangen kann, dass der Nutzer ein beräumtes Grundstück zurückgibt, er also seine eigene Baulichkeit entfernt.
Allerdings muss der Eigentümer die Entfernung nicht verlangen, sondern es kann z.B. auch sein, dass er für die aufstehende Baulichkeit noch eine weitere Verwendung hat. In diesem Fall wird er vom Nutzer sicherlich keine Entfernung verlangen (wollen).
Aber: Der Nutzer hat auch nach dem 03.10.2022 ein sogenanntes Wegnahmerecht, d.h. will er seine Baulichkeit vom fremden Grundstück entfernen (obwohl der Grundstückseigentümer dies eventuell nicht will), kann er dies aufgrund seines sogenannten Wegnahmerechtes in jedem Fall tun, ohne den Grundstückseigentümer zuvor um Erlaubnis fragen zu müssen.
Sie benötigen eine Beratung oder Vertretung im Zusammenhang mit Nutzungsverträgen aus DDR-Zeiten? Bei Ihrem Fall unterstütze ich Sie gern und freue mich auf Ihre Anfrage!
Bitte beachten Sie aber, dass jede anwaltliche Tätigkeit gebührenpflichtig ist.
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